Dunquerque - Fécamp: Windsteuer ausprobieren und Malte kommt an Bord!

Während des Gewitters ist der Regen so stark, dass ich kaum etwas sehen kann! 
 
Die nächste Strecke, die vor uns liegt, führt uns an der engsten Stelle des Ärmelkanals vorbei, an Calais. Dort sind je nach Tide bis zu 2,5kn Strömung, weshalb wir die Flut abwarten und mit ablaufend Wasser weiter Richtung Westen düsen. Zunächst unter Segeln, bis uns ein dickes Gewitter mit Böen bis 40kn einen Strich durch die Rechnung macht. Von Sicht der schwarzen Wolken am Horizont bis zu den ersten Drückerböen dauert es nur etwa 5min, sodass wir es gerade rechtzetig schaffen, die Segeln herunter zu holen. Auch hier sind Papa und ich froh, dass wir so ein gutes Team abgeben!
 
Das Gewitter liegt hinter uns und sieht immer noch beeindruckend aus!

Anschließend ist der Wind, wie so oft nach einem Gewitter, erstmal weg und wir sind froh über die Strömung, die uns weiter schiebt. So tuckern wir bis abends, wo wir pünktlich zum Sonnenuntergang in Bologne-sur-mer einlaufen. 
Ein riesiger Vor- und ein hässlicher Innenhafen direkt neben einem alten Fähranleger laden nicht zum verweilen ein und so geht es am nächsten Tag direkt weiter, trotzdem der Wind gegenan steht. Am Anfang wollen wir tapfer kreuzen, wir haben ja Zeit und es sind nur 44 Seemeilen bis zum nächsten auserkorenen Hafen, Dieppe. Aber nach einer Stunde, in der wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 1kn geschafft haben, und das auch noch in die falsche Richtung (es stand noch eine nervige Welle aus der Nacht und wir mussten, wie gesagt, kreuzen), und zusätzlich noch Strömung, die gegenan steht, verlieren wir die Geduld und schmeißen doch den Motor an. Die Segel holen wir dicht und stabilisieren uns dadurch einigermaßen, sodass die Welle nicht mehr ganz so anstrengend ist.Trotzdem sind wir froh, als wir abends in Dieppe ankommen. 
 
Dieppe, ein schöner alter Hafen, mitten im Touri-Viertel
 
Und endlich: Ein richtig schicker Hafen! Direkt am Hafen eine Restaurantmeile, viele alte Häuser, alle unterschiedlich und mit bunten Fensterläden. Mit einem ALDI-Dosenbier in der einen, und TUC-Keksen als Abendessen in der anderen Hand machen wir noch einen Spaziergang durch den Ort (ja, wir wissen, dass wir Banausen sind!) und fallen dann zufrieden ins Bett.  
 
Sonnenuntergang vor Bologne-sur-mer
 
Da der Ort ziemlich hübsch ist, der Wind wieder gegenan steht (daran sollten wir uns ab jetzt gewöhnen, aber das wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht...), und ein paar Reparaturen anstehen, bleiben wir noch einen Tag in Dieppe. Ich kümmere mich um die Windsteuer, die wir endlich ausprobieren wollen, Papa schraubt am Kocher herum, der so blöd gebaut ist, dass die Kardanik nach hinten kippt, sobald die Töpfe drauf stehen, da die Kochfelder irgendwie nicht zentriert sind. Diesen ENO-Kocher kann ich wirklich nicht empfehlen.Auch die Topf-Halter waren am Originalkocher so schlecht und locker, erst seit ich die unseres alten Primus angebaut habe, kann man die Töpfe überhaupt einigermaßen sichern.
Dann wird die Klobrille noch vernünftig festgeschraubt, damit man bei Schräglage nicht mehr vom Pott rutscht und und und... Nachmittags sind wir fertig fürs Erste, kaufen frisches Gemüse und schauen den Kindern im nahen Skatepark bestimmt eine Stunde lang zu. 
 
Schicke französische Häuschen

Am nächsten morgen geht es dann früh weiter, heute wollen wir zum ersten Mal unsere Windsteueranlage ausprobieren! Dabei handelt es sich um eine über 30 Jahre alte Aries Windsteuer, die Papa (einigermaßen günstig) über ebay erworben hatte. Trotzdem die Anlage 30 Jahre lang im Schuppen des Vorbesitzers gestanden hatte, haben es Papa und Malte nach insgesamt 5 mal komplett auseinander- und wieder zusammenbauen geschafft, sie wieder super leichtläufig zu machen. Schon im Vorhafen holen wir die Segel hoch (gerefftes Groß und Genua) und kaum sind wir draußen, wird die Windfahne eingestellt und anschließend die Windsteuerleinen eingehakt. Ich habe am Vortag eine Konstruktion aus Kette an die Steuerleinen befestigt, sodass man diese gut spannen kann (das hatten wir mal in einem Youtube-Video gesehen und es erschien uns in unserer völligen Ahnungslosigkeit sinnvoll). Auf einem Halbwindkurs starten wir und zur Kurskontrolle schauen wir uns unseren gefahrenen Kurs auf Navionics an. 
 
Kurs mit großem, ungekürztem Windblatt

 Und ähhh joa, es sieht so aus als hätten wir am Vortag 5 Bierchen zu viel getrunken! So ein Eiertanz! Als nächstes probieren wir ein schmaleres Windblatt (Papa hatte zum Glück direkt ein paar dieser Blätter aus Sperrholz gefertigt, damit wir ausprobieren können. Die Maße hatte er sich sehr fachmännisch aus Bildern und Youtube Videos herausgeguckt). Auch das bringt leider kaum Besserung. Wir fachsimpeln (keiner von uns ist je mit Windsteueranlage gesegelt und wir können nur raten, wo das Problem liegt) und entscheiden uns dafür, das schmale Windblatt zu kürzen. Es scheint, als würde die Windfahne zu schwer für das Gegengewicht sein und deshalb immer direkt komplett umzukippen. Dadurch wird auch das Ruder immer maximal ausgelenkt und die Schlangenlinien kommen zustande.

So waren wir auf der Tour von Dieppe nach Fécamp unterwegs. Windsteuer an, Solarplatten außenbords. Ich finde wir sehen richtig Hochseetauglich aus!
 
Das Kürzen der Windfahne bringt tatsächlich einen super Erfolg!! Zwar fahren wir immer noch leichte Schlangenlinien, aber das ist bei einer Windsteuer ja auch normal! Und die Eierei hält sich wirklich in Grenzen! Die Zusammengebastelte Aries funktioniert tatsächlich!! Wir können es kaum glauben, aber sie hält uns mehrere Stunden sicher auf Kurs. Nicht schlecht Papa!
 
Na, das ist doch mal ein Kurs, der sich sehen lassen kann!

Im Laufe des Tagen nimmt der Wind nun immer weiter zu und dreht leider auch wieder westlicher, sodass wir die Segelgröße immer weiter reduzieren (uns fällt außerdem auf, wie wichtig der richtige Trimm ist, damit die Windsteuer funktioniert) und zum Schluss einen strammen Amwindkurs nur mit kleiner Genua fahren. Die Windsteueranlage schafft auch diesen Kurs echt gut. Nur zum Schluss übernehme ich dann das Steuer, denn der Wind frischt auf teilweise 33kn auf und dann ist es mir wohler, das Schiff selber in der Hand zu haben.
Die Steilküste ist wunderschön und der nächste Hafen auch. Um 17:00 laufen wir nämlich in Fécamp ein und sind begeistert. Mindestens genauso schick wie Dieppe, aber viel weniger touristisch. Sehr nett, um ein paar Nächte zu bleiben. Denn der Wind nimmt nun von Tag zu Tag zu und kommt dauerhaft genau aus West. 
 
  
Papa bekommt Gehirnfrost!



Trotzdem schön, vor allem bei 30°C Außentemperatur!

Inzwischen hat Malte in Kiel seinen Ausbildungsplatz gesichert und kann endlich nachkommen! Malte habe ich übrigens in Kiel kennen gelernt, er surft und segelt viel und hat uns in den letzten Wochen vor der Abreise super bei der Arbeit an der Shanty unterstützt. So hat er zum Beispiel die Sicherheitsleinen zum einpicken zurecht gebastelt, sich die Umlenkung der Windsteuerleinenausgedacht, die Windsteuer des öfteren auseinandergebaut und gereinigt, und und und. Schließlich haben wir ihn gefragt, ob er nicht mitkommen möchte. Das Beste ist nämlich, dass er das nächste Jahr, bis seine Ausbildung im Sommer 2021 beginnt, Zeit hat, mitzusegeln. Und noch besser ist es, dass er Lust hat!
Und da Fecamp gut zu erreichen ist haben wir nun also noch einen sehr sehr guten Grund, ein paar Tage hierzubleiben.
Die nächsten 4 Tage werden also im Hafen verbracht, der zugegebenermaßen nicht ganz so geeignet für längere Aufenthalte ist.

Der Hafen von Fécamp, bei einem unserer Spaziergänge fotografiert. Die Hafeneinfahrt ist vergleichsweise kurz, weshalb der Hafen dem Westwind-Swell ziemlich ausgesetzt ist...
 
Der Swell des Ärmelkanals kann nämlich relativ ungehindert in die vergleichsweise Kurze Hafeneinfahrt rollen, sodass die Nächte, vor allem bei dem auffrischenden Wind, echt ungemütlich schaukelig sind. Die Tage werden gut ausgenutzt mit kleineren Reparaturen, Spülen und Trocknen des Surfmaterials, das an der Reling einen gutem aber relativ nassen Platz hat, schnacken und Kaffetrinken mit unserem netten deutschen Schiffsnachbarn Jan, der auf einem ähnlich langem Schiff wie unserem alleine unterwegs ist und ebenfalls in Richtung Süden möchte und Spaziergängen rund um das Städtchen. An einem Tag finden wir sogar einen Wasserfall mit eiskaltem Süßwasser, der die Steilküste herunterplätschert! Es ist also alles nett und schön, aber nach ein paar Tagen bekommen wir trotzdem wieder Hummeln im Po, und können es kaum erwarten, endlich weiter zu segeln.


Niedrigwasser...
Auf den Bildern kann man wunderbar sehen, wie krass die Tide hier ist! Vor allem an dem Poller kann man den Unterschied von Niedrigwasser (oben) zu Hochwasser (unten sehen)

Umso mehr freuen wir uns, als am Sonntagnachmittag auf einmal Malte vor dem Schiff steht!! Sein Mitbewohner inklusive Freundin haben ihn netterweise mit dem Auto hergefahren (und können jetzt noch ein paar Tage Urlaub in der Normandie machen, bevor sie zurück müssen). Erstaunlicherweise passen auch noch seine kompletten Sachen inklusive Wellenreiter ins Schiff, auch wenn wir vorher schon dachten, die Shanty wäre voll. Immer wieder erstaunlich, wie viel Zeug man auf 9,50m unter kriegt.
 
Malte ist an Bord!! Ich freue mich doll und Papa auch! (Und seine Avocadopflanze wahrscheinlich nicht so, bei der salzigen Luft, aber sie sorgt für das mediterrane Flair)


Kommentare

  1. Toll, was ihr alles erlebt. Wir warten jedesmal gespannt darauf, wie es weiter geht.
    So können wir Landratten uns das Segeln viel besser vorstellen. ;-)
    Alles Gute für Euch, wünschen Hermann und Helga

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