Fécamp bis Cherbourg: Garmin InReach und Sturm mit 55kn von Vorne!

Nun, zu dritt, kann es endlich weiter gehen! Am Montagmorgen setzen wir also die Segel auf einem strammen Amwindkurs weiter Richtung Westen. Zunächst noch mit Böen bis zu 35kn (wir probieren unser Kutterstag mit Sturmfock aus: Funktioniert!) und dicker Welle, im Laufe des Tages bei nachlassendem Wind unter Motor wieder mal genau gegenan. Malte macht sich an seinem ersten Segeltag richtig gut, es ist, als würde er schon immer zur Crew gehören. Sehr angenehm, zu dritt unterwegs zu sein, die Manöver klappen einfach noch viel einfacher. 

 
Schietwetter kann uns in unserem schicken Ölzeug natürlich nichts anhaben! (Trotzdem ists bei Sonne schöner...hoffentlich kommt die bald wieder!)
 
Abends laufen wir ins schmale Fahrwasser des Hafens von Carbourg ein. Da die Tide hier immer noch fast 7m beträgt, habe die meisten Häfen ein Schleusentor, welches immer etwa 2h vor bis 2h nach Hochwasser geöffnet hat und anschließend bis zum nächsten Hochwasser geschlossen bleibt. Wenn man im Hafen liegt ist das sehr praktisch, die Törnplanung wird allerdings erschwert, denn bei Niedrigwasser findet man hier in der Gegend keinen einzigen Hafen, in den man Einlaufen kann. Ankerplätze gibt es bei den momentan vorherrschenden Westwinden auch so gut wie keine. Man sollte also schon vor dem Tagesstart gut planen, wie weit man es schaffen kann und welchen Hafen man bei Hochwasser anlaufen möchte. 

Das Schleusentor zum Hafen. Immer 2h vor- bis 2h nach Hochwasser geöffnet. Es sorgt für einen moderaten Tidenhub von 1,5m im Hafen, und nicht ca. 6m, wie außerhalb...(siehe unten)
 
 
Die Hafeneinfahrt bei Niedrigwasser. Sie liegt in der Mündung des Flusses "Dives" und ist bei Niedrigwasser nur etwa einen halben Meter tief! So wären wir nicht in den Hafen gekommen...
 
Wir haben zum Glück gut geplant und kommen eine Stunde vor Torschluss an. Und sind begeistert! Endlich ein ruhiger Hafen! Kein nerviges Geschaukel, wir schlafen wie die Babys. Zwar ist es auch hier sehr touristisch, am Hafen stehen riesige Touri-Villen, in denen zum Glück wenig los ist, aber es lohnt sich trotzdem. Allein schon dafür, dass einem beim Einlaufen der Hafenmeister mit einem Schlauboot entgegen kommt, einen Platz für einen sucht, dann beim Anlegen hilft und einem schließlich noch einen Willkommensbeutel mit Prospekten, Wlan-Passwort, und Toilettencode in die Hand drückt.

Es ist so ruhig hier, das Wasser ist spiegelglatt! So was Gutes sind wir gar nicht mehr gewöhnt. Vor allem Malte freut sich, denn seine erste Nacht an Bord hat er in Fécamp verbracht und hat da, weil er noch nicht an das Geschaukel gewöhnt war, wirklich schlecht geschlafen.
 
Solche schicken Häuser säumen den Strand bei Houlgate, das direkt neben dem Hafen von Carbourg liegt
 
Und wieder sind wir eingeweht. Angesagt sind bis zu 40kn aus West. Also heißt es wieder einmal: Stadt erkunden und spazierengehen! Papa und Malte erfahren, dass ich noch nie in meinem Leben ein Cent-Stück auf Eisenbahnschienen gelegt habe. Und das soll ich hier ändern, denn die Bahnschienen verlaufen direkt neben der Promenade und sind, Dank der vielen Fußgängerüberwege auch gut zu erreichen. 
 
Malte platziert ein 2-Cent-Stück
 
Doch die Sache ist leichter gesagt als getan... die ersten 2 Geldstücke fliegen ins Nirgendwo und sind leider nicht mehr aufzufinden. Die nächsten zwei werden in einem unbeobachteten Moment einfach geklaut. Aber Papa gibt nicht auf, probiert es aufs neue, beobachtet die Centstücke wie ein Adler und leitet Ablenkungsmanäver ein, sobald kleine Kinder die Stücke auch nur einen Moment angucken. Die Bahn kommt hier leider nur alle Stunde, also gestaltet sich die aktion allein deshalb schon langwierig. Aber Mühe lohnt sich schließlich und endlich habe ich auch ein ganz plattes Cent-Stück! 
 
 
Die Mühe hat sich gelohnt! Zwei platte Cent-Stücke hat Papa geschaffen :D
 
Da der Strand in Geh-Weite ist den einen Tag sogar Wind- und den anderen Kitesurfen angesagt! Endlich mal wieder aufs Wasser, das habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr geschafft. Beide Tage könnte es etwas mehr Wind sein (Schon verrückt...zum Segeln ist es viel zu viel und zum Surfen reicht's so gerade eben. Gut, wir sind hier auch ein bisschen in der Abdeckung beim herrschenden Westwind).

Am ersten Hafentag geht Malte mit seinem Windsurfmaterial aufs Wasser
Und Papa guckt zu.

 
Der Wind reicht zwar nur für kleine Sprünge, aber Spaß macht es trotzdem!
 
 
Das mit dem geraden Horizont muss ich nochmal üben fällt mir gerade auf... :D Schick ist die Kulisse trotzdem!
 
 
Mein schicker neuer Kite macht sich sehr gut, auch wenn der Wind etwas mehr sein könnte. Ich bin gerade noch dem blauen North-Schirm entkommen, der mich erschlagen wollte!
 
Außerdem hat Malte uns unser neues Spielzeug mitgebracht: Ein Garmin InReach Gerät. Dieses wird das Satellitentelefon ersetzen, da es für unsere Zwecke einfach praktischer ist. Es funktioniert über das Iridium-Satellitennetzwerk, sodass wir auch auf dem hintersten Atlantik Empfang haben werden. Wir haben ein monatliches Abo für 60€ abgeschlossen. Dafür bekommen wir eine Nachrichten-Flatrate, unbegrenzte Tracking- und Wegpunkt-Abfragen und unbegrenzte einfache Wetterdaten-Abfrage (Seewetter kann man sich für 1€/Abfrage holen). Über https://share.garmin.com/shantyamj kann außerdem jeder unseren Standpunkt verfolgen, wenn wir das Tracking angestellt haben. Selbst mitten auf der Biskaja oder auf dem Atlantic, wo unser AIS nicht mehr zu sehen ist (Unsere MMSI vom AIS ist übrigens 211135980 für alle, die uns auch bei Marinetraffic finden wollen).

Nach der Garmin-Installation ist das Feierabendbierchen im Sonnenuntergang verdient!
 
Als alles funktioniert tut sich auch das nächste Windfenster auf: Wir können weiter, nach Cherbourg!
 

Beim Weckerklingeln um halb 7 glüht der Himmel... Sagt man nicht auch, dass Morgenrot Schlechtwetter voraussagt?
 
Was erst wie ein netter Segeltag anfängt, mal auf Halbwind, mal auf Amwind-Kurs, erst unter Vollzeug und ab Nachmittags nur noch mit Genua, wandelt sich dann gegen 16:00 Uhr plötzlich komplett um.
 
So sieht eine glückliche Kapitänin aus! (Noch...)
 
Der Südwind, der uns mit bis zu 7kn Geschwindigkeit vorangetrieben hat, dreht innerhalb von 5min komplett auf West und aus 20kn Wind werden schnell 40kn. Und dann 45kn. Und dann bis zu 50kn. Die Drehung auf West war zwar angesagt, aber laut Vorhersage sollten es höchstens 30kn werden (was zwar ungemütlich, aber machbar ist). Die Genua ist längst eingeholt, der Motor läuft mit 2500 Umdrehungen, und wir kommen trotzdem kaum gegen die sich rapide aufbauende Welle an. Malte steuert, Papa hält nach den zahlreichen Fischerbojen Ausschau, die sich hier in den Wellentälern verstecken und ich suche im Schutz der Sprayhood nach alternativen Häfen. Alle sind wir dick in Ölzeug, Schwimmwesten und Lifebelts eingepackt. Leider sieht es schlecht aus, was die Alternativen angeht, zumal Hochwasser auch schon wieder vorbei ist und die Schleusentore dann bald zu sind. Cherbourg liegt so geschützt hinter 2 Vorhäfen, sodass es dort keine Schleusentore gibt. Damit ist der Hafen die einzige reelle Chance, dem Wind und der Welle zu entgehen, denn die Nacht über soll der Wind kaum nachlassen. Die 15 Seemeilen, die noch vor uns liegen, ziehen sich über fast 6h. Die Wellen sind so hoch, dass sie über das komplette Schiff brechen und Malte, der die Postition am Steuerrad hält, komplett begießen. Zum Glück läuft die Strömung mit dem ablaufenden Wasser und etwa 2kn in unsere Richtung, denn durchs Wasser machen wir nur etwa 1,5kn. Wir sind super froh, als wir gegen 21:30 Uhr endlich im Vorhafen einlaufen. Und noch froher, als wir um 22:00 Uhr fest im Hafen liegen. Und am frohesten, als wir die Luken öffnen, um ins Schiffsinnere zu gucken und feststellen, dass alles trocken geblieben ist!! Fix und fertig wird noch ein Pott Nudeln verzehrt und dann fallen wir todmüde ins Bett. 
 
Fix und fertig, aber glücklich, alles schadensfrei überstanden zu haben. Malte hat seine Steuermann-Qualitäten auf jeden Fall mehr als bewiesen!
 
Geschafft, wir sind in Cherbourg! Jan, unser Nachbar aus Fécamp ist auch am Abend eingelaufen (er war morgens um 3 Uhr direkt aus Fécamp gestartet). Er hat das Unwetter zum Glück ebenfalls gesund und munter, wenn auch etwas nasser als wir, überstanden. Am nächsten morgen werden also mit den anderen Seglern allerlei Sturmgeschichten ausgetauscht. Keiner hatte mit so viel Wind gerechnet, aber alle haben wir viel dazu gelernt. Zum Beispiel immer noch 10 Knoten auf die Vorhersage drauf zu rechnen...
 
Bei moderatem Wind macht Segeln doch etwas mehr Spaß. Vor allem wenn die Sonne scheint und man noch einen leckeren Apfel bekommt (Tschuldigung Malte, das wäre eigentlich deiner gewesen...)

In Cherbourg bleiben wir nun wieder zwei Tage, bis sich ein gutes und vor allem entspanntes Wetterfenster über 2 Tage abzeichnet. Denn der nächste Sprung soll nämlich schon 180sm bis nach Brest gehen. Leider sind die Kanalinseln Jersey und Guernsey Coronabedingt gesperrt (sie gehören zu England), sodass man dort keinen Zwischenstopp einlegen kann. Also wird es eine Nacht-Tour, und dafür wollen wir so moderate Verhältnisse wie möglich. Die zwei Tage bringen wir gut herum, mit entspannen, Blog schreiben und wieder, wie könnte es anders sein: Reparaturen. Beim Sturm hat sich nämlich die obere Radarhalterung etwas verbogen, was Papa schnell mit einigen Schellen reparieren kann. Schon heftig, was für Kräfte da auf so ein Schiff einwirken!

Auch dieser kleine Freund hat uns beim Surfen zugeguckt!  




Nach dem Sturm ist natürlich wieder großes Trocknen angesagt... Zuerst unsere Klamotten (das Ölzeug hält zwar dicht, aber oben am Kragen läuft es doch rein. Und wenn man 6 Stunden am Steuer steh und von mehreren Wellen komplett gebadet wird, so wie Malte, ist man dann auch bis aufs Unterhemd nass... Die Hose war erstaunlicherweise trocken!) und später dann die nicht ganz so wichtigen Dinge, wie unsere Neoprenanzüge, die in der Tasche vorne auf Deck auch nicht komplett trocken bleiben.

Die Hafeneinfahrt von Cherbourg. Ganz weit draußen kann man den enormen Vorhafen erahnen, indem gerade ein weißes Militärboot fährt. Dann kommt man in den zweiten Vorhafen, von dem man ganz links die Mole sehen kann. von dort aus geht es dann in die schmale Hafeneinfahrt. Also wirklich gegen Wind und Wetter geschützt, auch ohne Schleusentor


Kommentare

  1. So so, ihr plättet also Cent-Münzen, auf Bahngleisen in der Normandie? ...><((((°> ..es ist nicht zu fassen ...Jens..!? ... •*''*☆¸.•*''* ...herzliche Grüße aus HH an euch 3 !

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