Rekord-Törn mit Trampern an Bord! - Lagos bis Porto Santo

 Seit dem letzten Post haben wir ordentlich was geschafft! Erst haben wir die Algarve erkundet, dann nette Tramper kennen gelernt und sind schließlich fast 500sm am Stück über den Atlantik gesegelt, mit Abstand unsere weiteste Strecke bisher!

Doch von vorne. Nach unserem Besuch von Cascais und Lissabon hatten wir es eilig, in die Algarve zu kommen. Denn wir haben gelesen, dass die Überfahrt auf die Kanaren möglichst bis September abgeschlossen sein sollte, da anschließend die Weststürme mehr werden und die richtigen Wetterfenster für die Tour immer seltener werden. Es ist jetzt Anfang Oktober, wir sind also schon etwas später dran. Trotzdem wollen wir Algarve nicht gänzlich auslassen, sondern noch ein paar Tage dort verbringen.

Die Shanty in der Algarve!

Die 120 Seemeilen schaffen wir in zwei Tagen, mit einem kleinen Anker-Zwischenstopp in der Stadt Sines. Hier in Portugal ist die vorherrschende Windrichtung immer noch Nord, was uns sehr gelegen kommt. Ohne Zwischenfälle segeln wir es also bei schönstem Sonnenschein mit häufiger Delfinbegleitung  um das Südwestlichste Kap Europas herum. Dieses passieren wir bei Sonnenuntergang, weshalb die Steilküste richtig leuchtet. Hier am Kap soll es "Die letzte Bratwurst vor Amerika" geben, mit dem Schiff ist die aber leider nicht zu erreichen. Die Felsen sind etliche Meter hoch und wir betrachen sie lieber nur aus der Ferne.


Das Südwestlichste Kap Europas!

  Wir fahren noch wenige Seemeilen weiter bis in die Bucht bei Sagres. Hier gibt es eine super geschützte Ankerstelle. Es ist richtig warm, das Wasser ist klar und leuchtet blau. Wir sind in der Algarve angekommen! 

Den nächsten Tag verbringen wir hier, und erkunden mit dem Schlauchboot die Steilküste, die richtige kleine Höhlen bietet! Wenn dort eine Welle hineinrollt, zischt eine kleine Fontäne aus der Höhle, die uns komplett nass macht. Papa erkundet derweil doe Stadt Sagres, immerhin ist sie der Namensgeber für das günstige portugisische Bier, das wir hier häufiger trinken. Aber er wird enttäuscht, die Stadt scheint nicht viel mit dem Bier gemein zu haben, es gibt etliche große Villen und Hotelanlagenaber nicht keine süßen portugiesischen Gassen oder ähnliche ursprüngliche Orte.

 

Das "Sagres" schmeckt uns richtig gut! Das Foto wurde an unserem Ankerplatz im Vorhafen von Sines aufgenommen

Als wir einen Tag später weiter zur nächsten größeren Stadt Lagos wollen (in der es auch zur Abwechslung mal wieder einen Hafen gibt) entscheiden wir uns, die 15 Seemeilen langsam und dicht an der Küste zu fahren. Die beste Entscheidung! Schon nach kurzer Zeit passiert Maltes absolutes Highlight auf dieser Tour: Er fängt seinen ersten Fisch! Nach über 1000sm Angel schleppen, zahlreichen Angel-Shop besuchen und etlichen Ködern, die er ausprobiert hat, gibt es endlich den ersten Erfolg. Innerhalb von 20 Minuten lassen sich 7 Makrelen aus dem Wasser ziehen, für das Abendessen ist also reichlich gesorgt. Und die Angel-Motivation ist größer als je zuvor.

Die Fische werden direkt ausgenommen und lagern bis zum Abend im Kühlschrank.

 Nur kurze Zeit später dann das nächste Highlight: Eine riesige Höhle an der Steilküste, die wir sofort mit dem Schlauchboot erkunden. Total spannend, mit der Shanty können wir aufgrund der ausreichenden Wassertiefe und bei kompletter Flaute vor allem auch super nah heran fahren. 

Wir haben eine Garage für die Shanty gefunden! Wenn nur der Mast nicht wäre...

 

An anderer Stelle gehen wir mit meinem neuen Anfänger-Surf-Board, welches wir günstig gebraucht in Cascais geshoppt haben, das erste Mal Surfen. Hinter der Shanty, mit guten 5kn kommen wir richtig ins Gleiten! Bei mir sah es natürlich genauso elegant aus wie bei Malte

 So geht es langsam die Küste entlang. Etwas später entdecken wir noch weitere Höhlen. Je näher wir richtung Lagos kommen, desto mehr Touristen werden auch hierher verfrachtet. In kleinen Motorbooten oder in ganzen Kajak-Horden paddeln sie die Steilküste entlang und schwärmen in die Höhlen aus. Das schmälert die Entdeckerfreude aber nur ein kleines bisschen. Das hineinfahren mit dem Schlauchboot ist jedesmal spannend, denn der Swell ist trotz Flauto vorhanden, und das aufblasbare Gerät darf niergendwo gegen die scharfen Felswände stoßen. Aber Malte navigiert uns hervorragend durch die engen Gänge. 

Die Höhlen gehen viele Meter in das Gestein hinein und laden zum Erkunden ein

Der Fels ist rauh, sodass wir mit dem Schlauchboot aufpassen müssen. Ein Wandkontakt könnte ein Loch bedeuten!



 

Gegen abend fahren wir dann den schicken Kanal in den Hafen von Lagos hoch. Hier wollen wir uns ordentlich verproviantieren, die Gegend erkunden und anschließend auf ein gutes Wetterfenster für die Überfahrt nach Madeira warten. Beziehungsweise nach Porto Santo, der kleinen und relativ unbekannten Nachbarinsel von Madeira, die wir uns natürlich auch anschauen wollen. Dort wollen wir als erstes hin, dann nach Madeira und dann von dort weiter auf die Kanaren. 

Auch außerhalb der Höhlen begeistert die Algarve mit dem gelben, schroffen Gestein
 

Neben einem Großeinkauf bei Lidl gehen wir auch das erste mal "richtig" Surfen mit meinem neuen Bord, und es klappt schon richtig gut! Außerdem gönnen wir uns nach den letzten sparsamen Tagen vor Anker mal richtig etwas und gehen zusammen Essen! In einem kleinen indischen Restaurant lassen wir es uns so richtig gut gehen.

"Sind die Wellen nicht zu groß?" Was das angeht bin ich echt ein Schisser

Nein, sind sie nicht!!
 

Am nächsten Tag lernen wir Claudia und Joel kennen. Die beiden Schweizer sind schon seit fast einem Jahr auf Reisen und trampen die meiste Zeit. Sie sind schon viel herumgekommen, unter anderem in Osteuropa und Marokko. Nun suchen sie ein Schiff, welches sie auf die Kanaren mitnehmen kann. Wir sind etwas traurig, dass die Shanty mit uns und dem ganzen Surf-Zeug schon so voll ist, denn die beiden wirken sehr sympathisch. Das findet Papa offensichtlich auch, denn am nächsten morgen, als Malte und ich verschlafen und im Schlafanzug aus unserer Koje kommen, sitzen die beiden schon im Cockpit. Papa hat sie, ohne uns zu wecken, auf dem Weg zur Dusche getroffen und kurzerhand zum Frühstück eingeladen. Schnell machen wir uns fertig und es ist ein sehr herzlicher und schöner Morgen. 

Die Aussicht vom Strand auf die schöne Stadt Lagos. Zwar hört man im Supermarkt ähnlich viele deutsche oder englische Stimmen wie portugiesische, aber die Stadt hat trotzdem eine super schöne Atmosphäre. Kein Wunder, dass viele Langfahrt-Segler aus ganz Europa hier überwintern.

 Wir diskutieren ein wenig, überschlagen die Schlafmöglichkeiten und bieten den beiden schließlich an, doch bei uns in der Achterkoje mitzukommen, sollten sie in den nächsten Tagen keine andere "Mitfahrgelegenheit" finden. Da wir die vordere Dreieckskoje auf Langfahrt eh nicht benutzen (dort ist es bei Wellengang VIEL zu schaukelig, man hebt beim Schlafen alle paar Sekunden komplett ab), werden wir einfach sämtliche Surfsachen, Rucksäcke etc. vorne verstauen, sodass Malte und ich Steuerbord mittschiffs, Papa Backbord mittschiffs und die beiden Schweizer in der Achterkoje unterkommen können. Es wird zwar eng werden, aber die Strecke ist in "nur" 5 Tagen zu schaffen, und die beiden freuen sich riesig.

Die Einfahrt in den Hafen von Lagos ist richtig schick

 Es ist Samstag und bevor es am Montag los gehen soll verbringen wir noch eine Nacht in der nahen Lagune bei Alvor. Hier muss man bei dem passenden Wind extrem gut kiten können, leider ist mal wieder Flaute angesagt. Also wird es ein sehr entspannter Nachmittag, an dem wir unsere Anker-Nachbarn Thomas auf der gelben "Irmi" und Martin mit Familie auf der "Ivalu", die wir schon vor der Biskaya einmal getroffen haben, schnacken. Alles super nette Leute und total interessante Geschichten. Dieser Austausch mit anderen Langfahrt-Seglern macht ist immer wieder richtig schön.  

So ein Spinnaker-Baum ist für viele Dinge zu gebrauchen!

Abendlicht in der Lagune bei Alvor. So schön ist das Ankern!

Anderseits sind wir entwas gestresst, denn in einer Woche soll ein großes Tief von Westen her kommen und dieses würde uns die Überfahrt für viele Tage verschieben. Aber auch ein Aufbrechen vorher lässt uns mit einem mulmigen Gefühl stehen, denn falls etwas schief geht, und wir statt der geplanten 4-5 Tage doch zwei Tage länger bräuchten, würden wir 35kn auf West, also genau von Gegenan, auf die Nase bekommen. Wir schnacken mit den anderen Seglern, alle sind ungewiss und haben das gleiche Problem wie wir. Nach dem Abklappern von etlichen Wetterdiensten und viel hin- und her-überlegen, treffen wir eine Entscheidung. Statt am Montag Morgen wollen wir nun schon am Sonntag Nachmittag aufbrechen. Damit haben wir bei einer erwarteten Durchschnittsgeschwindigkeit von 4,5 bis 5kn einen Puffer von knapp 3 Tagen bis der Sturm kommt. Die anderen Segler teilen unsere MEinung, wollen aber trotzdem noch bleiben. Also sind wir die Einzigen, die an diesem Nachmittag aus der rappelvollen Lagune aufbrechen. Claudia und Joel sind zum Glück spontan genug und innerhalb von 2h abfahrtsbereit. Wir holen sie in Lagos ab und dann geht es los!

Claudia und Joel aus der Schweiz sind ab jetzt bei uns an Bord!

 Wir alle sind super aufgeregt. Die Beiden haben schon ein kleines bisschen Segelerfahrung, denn letztes Jahr waren sie auf einem russischen Segelschiff von Gibraltar nach Teneriffa gesegelt. Aufgrund der Sprachbarriere waren sie auf dieser Überfahr aber hauptsächlich für das Kochen zuständig und haben segeltechnisch nicht ganz so viel lernen können. Das wollen wir nun ändern! Papa zeigt den Beiden die wichtigen Seemannsknoten, sie steuern die Shanty hervorragend vor dem Wind in den hohen Wellen und übernehmen sogar zu zweit eigene Nachtschichten!

Am ersten Tag ist der Wind noch schwach, sodass wir erstmal noch etwas motoren müssen. Um 3:00 Uhr nachts ändert sich das allerdings schlagartig und ab diesem Zeitpunkt bleibt der Motor aus. Mit achterlichem Wind fliegen wir über die Wellen, die mit 3-4m noch ganz schön hoch sind. In den ersten 24h schaffen wir 130 Seemeilen, in den nächsten 24h sogar 140sm! Insgesamt konnten wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 5,6kn schaffen! So schnell war die Shanty selten unterwegs. Mit ihren 9,5m sind wir immer eher unter den langsameren der Langfahrt-Segler, deren Schiffe häufig um die 12m lang sind. Aber jetzt nicht mehr! Anstatt Donnerstag abend kommen wir in diesem Tempo nun schon Mittwoch Nacht auf Porto Santo, der kleinen, kargen Nachbarinsel von Madeira, an. Damit hat keiner gerechnet, wir sind richtig stolz. Die Crew hat zusammen super funktioniert, die Seekrankheit war mit wenigen Tabletten gut in den Griff zu bekommen und dank unserer beiden Tramper konnten wir die Nachtschichten auf 4 Schichten ausweiten, was alles etwas entzerrt hat.
Sonst war die Tour eher ereignisarm. Mit ständigen 15-20kn von achtern mussten wir die Segelstellung kaum verändern, bis auf ein paar Delfine am ersten Abend und eine Schildkröte am letzten Tag haben wir keine Meereslebewesen gesehen, und um die Schildkröte zu fotografieren war ich leider zu langsam... Malte hatte einen richtig großen Fisch an der Angel, aber leider ist er entkommen, bevor wir ihn richtig sehen konnten, sodass wir über die Art nur spekulieren können. Aber anscheinend erreichen wir Fischreichere Gewässer!
Frühmorgens um 5:00 Uhr also der Anker im Vorhafen von Porto Santo geschmissen. Und endlich, nach 84h Dauerschaukelei, ist es komplett ruhig!! Die nächsten paar Stunden Schlaf haben wir uns redlich verdient.
Am nächsten Morgen, gehen wir dann alle zusammen schwimmen und duschen im Atlantik. So schön und erfrischend! Das Wasser hat 23°C, ist kristallklar und tiefblau und wir alle freuen uns, dass wir es gewagt haben und bis hierher geschafft haben.
Nun müssen wir auf unseren Corona-Test warten, bevor wir an Land dürfen. Ich hatte mich schon vom Festland aus mit den Hafenbehörden in Kontakt gesetzt, sodass ich nun nur noch eine Mail schreiben muss und der Hafenmeister alles weitere organisiert.

Da ich auf der Überfahrt kaum Fotos gemacht habe (es ist irgendwie nicht viel passiert), hier ein schönes Bild von unserem Ankunftstag. So sieht der Quarantäne-Alltag bei uns aus!
 

Eine weitere beliebte Quarantäne Tätigkeit: Baden neben der ankernden Shanty im 23°C warmen Wasser. Malte und ich befreien außerdem den gesamten Wasserpass von Bewuchs (wurde mal Zeit)

Quarantäne-Ausblick: Die Insel Porto Santo ist, anders als Madeira, ziemlich karg.

Quarantäne-Abendbeschäftigung: Film gucken und Bierchen im Salon

 Aber das soll angeblich relativ schnell gehen (etwa zwei Tage), und hier im geschützten Vorhafen lässt es sich aushalten! Anschließend können wir endlich diese spannende Insel erkunden.
Das Tiefdruckgebiet, welches immer noch am Sonntag auf uns wartet, wollen wir nämlich hier abwarten, und Ende der nächsten Woche dann weiter, nach Madeira. Dort müssen wir dann zum Glück keinen weiteren Corona-Test machen, der von hier reicht. Wir sind gespannt, wie es für uns fünf weiter geht!

Prost!


Kommentare

  1. Faszinierend, wie weit ihr mit dem Wind gekommen seid! Mietet euch doch einen kleinen Scooter und braust die Hügel von Porto Santo hinauf ...Madeira wird dann sicherlich ein weiterer Höhepunkt...oh man, Grüße aus Hamburg ⚓

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    1. Das war eine super Idee, das haben wir direkt gestern ausprobiert, und es hat sich so gelohnt!

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  2. Hey Anne,
    hier der Beweis, dass dein PAPA
    bereits auf dem Mond ✈ ¸.•*''* ⚫ gewesen ist:

    https://youtu.be/cf55YdL6Clo

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